Gretchenfrage an der Zapfsäule: E10 tanken oder besser nicht?

26.1.2023

Um Geld zu sparen, greifen immer mehr Autofahrende an der Zapfsäule auf Super E10 zurück. Schließlich ist es mancherorts bis zu fünf Cent günstiger als „normales” Super. Das ist Anreiz genug, die (immer noch) eher unbeliebte Ethanolbenzinmischung zu tanken. Die Bereitschaft für E10 wächst zwar – und dennoch haftet ihm seit seiner Einführung 2011 nicht der beste Ruf an. Zu Recht? kfzteile24 nimmt das Benzin mit dem bis zu 10-prozentigen Biokraftstoff-Anteil einmal genauer unter die Lupe und erklärt, warum man ihn entgegen aller Vorurteile problemlos tanken kann. Die zwei Hauptargumente: Man schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.

Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDB) schätzt, dass rund ein Viertel der Deutschen 2022 den Biokraftstoff E10 getankt hat. Eine deutliche Steigerung – fiel der E10-Anteil am Benzinabsatz in den Jahren zuvor mit 17,1 und 14 Prozent noch deutlich geringer aus. Doch die Ökobenzinmischung steht noch immer in der Kritik. Die Liste an Vorurteilen ist lang.

„Alle Benziner-Pkw ab 2010 für E10 geeignet”

Viele Pkw-Halter*innen sind sich sicher, dass ihr Auto kein E10 verträgt und befürchten Korrosionsschäden an Aluminium-Teilen oder poröse Dichtungen der Kraftstoffleitungen. Diese Sorge kann der Verband der Automobilindustrie jedoch nehmen: „Alle Modelle, die ab November 2010 produziert und ab 2012 in Deutschland verkauft worden sind, vertragen E10. Sie können also bedenkenlos mit dem umweltfreundlicheren Kraftstoff betankt werden.” Auch viele Old- und Youngtimer vertragen die Ökobenzinmischung. Erscheint das Fahrzeug auf der Verträglichkeitsliste, kann E10 bedenkenfrei genutzt werden.

Das bedeutet also: Das Tanken von E10 hat keinen Einfluss auf die Funktionssicherheit, Lebensdauer und den Verschleiß von Einzelteilen. Das bestätigen auch die Meister der kfzteile24-Werkstätten: Ihnen sind bei E10-tauglichen Autos noch keine Schäden untergekommen, die auf den Kraftstoff zurückzuführen sind.

Kein deutlich erhöhter Verbrauch

Eine weitverbreitete Meinung ist, dass der Verbrauch mit E10 höher ist als mit herkömmlichem Super Benzin. Die Antwort lautet: Unter Umständen ist das möglich – aber das fällt nicht so sehr ins Gewicht, dass es tatsächlich finanziell spürbar wird. In einem Liter E10 steckt weniger Energie als in einem Liter Super. Der Mehrverbrauch beträgt etwa 1,7 Prozent. Meistens fällt er sogar geringer aus.

Aber: Selbst wenn der Pkw diesen Anteil mehr verbraucht, fährt man mit E10 günstiger, da die Kostenersparnis an der Zapfsäule den Mehrverbrauch ausgleicht. Der ADAC hat ermittelt, dass sich der Umstieg auf E10 ab einem Preisunterschied von 3 Cent je Liter lohnt.

Kein Problem für Standheizungen

Wer sich um seine Standheizung sorgt, dem kann auch diese Angst genommen werden: Egal, ob standardmäßig eingebaut oder nachgerüstet, E10 erweist sich für die Heizung in den überwiegenden Fällen als unproblematisch. Bei ab Werk eingebauten Systemen liegt die E10-Freigabe beim Fahrzeughersteller. Eine Abfrage ist empfehlenswert. Ist das Auto jedoch nach 2010 gebaut, dürfte sie kompatibel sein.

Bei nachgerüsteten Systemen kann man davon ausgehen, dass bekannte Markenhersteller diese mit E10-Kraftstoff geprüft haben. So bescheinigt etwa Webasto eine E10-Verträglichkeit für alle benzinbetriebenen Heizgeräte der Produktfamilien Thermo Top Z/E/C/P, die ab etwa 1997 eingeführt wurden, sowie für Thermo Top Evo.

E10 leistet einen Beitrag zum Klimaschutz

Den größten Unterschied beider Super-Varianten verrät schon der Name: E10 enthält bis zu 10 Prozent Ethanol, der Rest ist Benzin aus fossilen Rohstoffen. Bei Super (E5) sind es nur bis zu 5 Prozent Ethanol und etwa 95 Prozent Benzin aus Erdöl. Bei E10 darf jedoch nur Bioethanol verwendet werden. Vorteil: Im Vergleich zum E5-Kraftstoff verursacht es mindestens 35 Prozent weniger Treibhausgase. Die Einhaltung ist gesetzlich geregelt und wird kontrolliert.

Bioethanol besteht zu 90 Prozent aus Getreide und Zuckerrüben. Die verwendeten Pflanzen nehmen beim Wachstum durch Photosynthese CO₂ aus der Umgebung auf. Bei der Verbrennung des Ethanols im Auto wird wiederum CO₂ ausgestoßen – und zwar die Menge, die die Pflanzen zuvor beim Wachstum aufgenommen haben. So entsteht ein klimaneutraler CO₂-Kreislauf. Ein dickes Plus für die Umwelt also.

„Teller statt Tank”: Biosprit soll schrittweise verbannt werden

Biokraftstoffe sind für den Klimaschutz im Verkehr aktuell unverzichtbar: Biodiesel, Bioethanol und Biomethan haben im Jahr 2021 den CO₂-Ausstoß im Verkehr um rund 11,1 Millionen Tonnen minimiert, wodurch es der Mineralölindustrie gelang, die deutsche Treibhausgasminderungs-Quote deutlich zu erfüllen. Zum Vergleich: E-Mobilität sparte im selben Zeitraum lediglich knapp 25.000 Tonnen CO₂ ein.

Vor diesem Hintergrund ist es schwer nachvollziehbar, dass einige Politiker*innen die Bedeutung und die Zukunft von Biokraftstoffen in Frage stellen und Biokraftstoffe bis 2030 sukzessive vom Markt verbannen wollen. Sie schlagen damit in die Kerbe von Umweltorganisationen. Deren Hauptkritikpunkt: Die Anbaufläche für Bioethanol soll anderweitig verwendet werden, nämlich um Nahrungsmittel anzubauen.

Tatsächlich hat der Gesetzgeber das aber bedacht und Regeln für die Herstellung von Bioethanol erlassen. So werden in Deutschland laut BDB nur zwei Prozent der Ackerflächen und vier Prozent der Getreideernte für die Produktion von Bioethanol verwendet. Auch weltweit macht Bioethanol der Lebensmittelproduktion kaum Konkurrenz.

Verbrennungsmotoren mit Biosprit klimaneutral machen?

Fakt ist aber auch: Verbrennerautos können mit Biokraftstoffen nur ein Stück weit klimaschonender gemacht werden. Vollkommen klimaneutral bekommt man sie nicht. Lässt man die Produktion außer Acht, ist man nur im reinen E-Auto weitgehend klimaneutral unterwegs. Und dennoch: Millionen funktionierende Verbrenner vorzeitig zu verschrotten, ist ebenso wenig nachhaltig und darf nicht das Ziel sein.

Ist das die große Chance für alternative Kraftstoffe? Sie werden aus Biomasse oder auf Basis von grünem Wasserstoff hergestellt und bieten vielversprechende Lösungen für das Mobilitäts-Dilemma. Mit den richtigen Technologien sind sie sogar klimaneutral produzierbar. Allerdings ist die Entwicklung ein langwieriger Prozess, der nur schleppend vorangeht und auch zu einem Politikum geworden ist.